ein Erfahrungsbericht August 2000
Ursula Biermann
Aus meiner spieltherapeutischen Arbeit mit Kindern in einer Beratungsstelle erwuchs - als Focusingtrainerin - die Idee, sich mit Kindern speziell um ihre inneren „Freiräume“ zu kümmern. Viele Kinder sind mannigfaltig belastet und kompensieren ihre Ängste und Sorgen in Verhaltensauffälligkeiten. Im Umgang mit einzelnen Kindern habe ich gute Erfahrungen damit gemacht, ihnen z.B. Material anzubieten, welches jede Familie auch zuhause hat (Papier, Farbstift, alte Kartons, Bindfäden, Klebstoff usw.). Ich schlug den Kindern vor, ihre Sorgen aufzuschreiben oder aufzumalen oder zu basteln (um so erst mal für mehr Abstand zwischen sich und ihrem Thema zu sorgen). Das Malen ist etwas, was Kindern in der Regel von der Materie her sehr vertraut ist. Danach suchten die Kinder selbst nach dem besten Weg, wie wir (beide) nun mit dem „geschnürten Sorgenpaket“, dem „Monsterbild“ oder dem vollgekritzelten „Wutzettel“ umgehen sollten. Die Frage: „Wo wäre dafür wirklich ein guter Platz?“ und „Wie wäre es gut?“ waren immer - im wahrsten Sinne des Wortes - wunderbare Wegweiser.
Die Kinder (und ebenso Mütter) hatten ganz schnell ein sicheres Gefühl, was als nächstes nötig war.
Ich habe z.B. ein dick verschnürtes und mehrfach verklebtes „Monsterbildpaket“ in meinem Schreibtisch eingeschlossen, was dort z.Zt. immer noch bleiben muss. Das Mädchen (8 Jahre) schläft jetzt durch, was vorher die „Monster“ verhindert haben. Und sie weiß, wenn wieder etwas Unheimliches in ihrem Leben passiert, können wir uns dem Thema „handfest“ und „tatkräftig“ widmen. |
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Eine Mutter hat in meinem Büro mittlerweilen eine „Tonpapierrolle“ mit ihren wüstesten Beschimpfungen, ärgsten Ängsten und ihren Suizidgedanken deponiert (da sie zuhause nicht „sicher“ wären). |
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Das „Freiraumbuch“ - Angebot auf der 12. Internationalen Focusing- Konferenz 2000 war der Versuch, dasselbe Vorgehen für eine Gruppe von (unbekannten) Kindern anzubieten. |
Nach meinen bisherigen Erfahrungen ist dieser praxis- und alltagsbezogene Focusingteil des Freiraumschaffens eine gute Möglichkeit, um Kindern und Erwachsenen (die sich auf das Material einlassen) unkonventionell mehr Bezug zu sich selbst zu verschaffen, Lösungsmöglichkeiten für Probleme finden zu lassen und somit aktuell Erleichterung und Entlastung zu geben.
Das unspektakuläre Material ist im Prinzip immer und überall verfügbar. Somit könnte dieser Ansatz von Eltern, ErzieherInnen und LehrerInnen in ihrem jeweiligen Alltag in die Tat umgesetzt werden. Grundkenntnisse und Erleben von Focusing sind allerdings in jedem Fall hilfreich.